Autorin: Fie Sennels
Videografin / Redakteurin: Angelina Petrova
Unsicherheit für die Zukunft
Wie wird Médiapi in zehn Jahren aussehen? Laura Guernalec, eine der Journalistinnen, ist sich nicht sicher. „Ich weiß es nicht. Das ist die Frage, die ich mir jeden Tag stelle: Können wir weitermachen?“ Trotz des Wachstums von Médiapi findet sie, dass die Grundlagen noch nicht so stabil sind. „Die Säulen sind nicht stark genug und könnten eines Tages zusammenbrechen“, meint sie. Die Plattform hat zwar schon viel erreicht, aber die Zukunft ist noch unklar.
Um relevant zu bleiben, muss sich Médiapi zusammen mit der jüngeren Generation taube Menschen weiterentwickeln. Anstatt von ihnen zu erwarten, dass sie sich an traditionelle Formate anpassen, muss Médiapi innovativ sein. Vertikale Reels sind ansprechender als horizontale Videos, und die Nachfrage nach hochwertigen, professionellen Inhalten in Gebärdensprachen ist größer denn je. Taube Menschen verpassen oft wichtige Infos wegen ungenauer Untertitel oder verspäteter Übersetzungen – eine Lücke, die Médiapi schließen will.
Die Reise von Médiapi war langsam, aber stetig. Estelle Arnoux erinnert sich, dass die Leute am Anfang ungeduldig waren und sich mehr Inhalte in kürzerer Zeit wünschten. Mit dem Wachstum des Teams wurden die Fortschritte sichtbarer. Estelle sieht die Zukunft von Médiapi als eine Weiterentwicklung der Gegenwart, aber mit wichtigen Verbesserungen. Eine Priorität ist die Wiederaufnahme von persönlichen Vorträgen, um das Bewusstsein für die Mission und das Abonnementmodell von Médiapi zu schärfen – eine Strategie, die Noemi Churlet vor Jahren erfolgreich eingesetzt hat, als sie in ganz Frankreich um Unterstützung für die Community geworben hat.
Für Noemi geht es bei der Zukunft von Médiapi um mehr als nur Journalismus – es geht um die kollektive Stärke der tauben Gemeinschaft. „Wir müssen als Gruppe kämpfen, nicht alleine“, betont sie. Die Schließung von Websourd war eine schmerzhafte Erinnerung daran, wie verletzlich Medien für Gehörlose sein können. Médiapi arbeitet an einer stärkeren, geeinteren tauben Gemeinschaft, die bereit ist, ihre Rechte zu verteidigen und das Überleben barrierefreier Nachrichten zu sichern.
Geschichte und Kultur der tauben Gemeinschaft
Bei einem Besuch in der Kirche Saint-Roch und im Institut National de Jeunes Sourds de Paris dachte Angelina Petrova über die historische Bedeutung der ersten öffentlichen Schule für gehörlose Schüler nach, die von Abbé de l’Épée gegründet wurde. Seine Arbeit legte den Grundstein für die Französische Gebärdensprache (LSF), aber der Mailänder Kongress von 1880, der die Lautsprache gegenüber der Gebärdensprache bevorzugte, hinterließ bleibende Folgen, die die taube Gemeinschaft bis heute prägen.
Ein Wendepunkt kam in den 1970er Jahren mit dem Aufkommen der Gehörlosenbewegung, der Gebärdenspracheforschung und der Gründung des International Visual Theater (IVT). Heute ist Médiapi Teil dieser fortwährenden Reise und setzt den Kampf für Sichtbarkeit, Barrierefreiheit und Repräsentation fort.
Kürzlich besuchten Angelina und ich zwei kulturelle Veranstaltungen: eine Filmvorführung über das Leben eines tauben Mannes, die komplett in LSF erzählt wurde, und eine zweisprachige Theaterproduktion für Kinder mit tauben und hörenden Darstellern. Diese Erfahrungen waren sehr inspirierend und bestärkten uns in der Überzeugung, dass die Gehörlosenkultur die Grundlage des Gehörlosenjournalismus in Frankreich bildet.
Médiapi ist mehr als eine Nachrichtenplattform – es ist Teil einer größeren kulturellen Bewegung, die Geschichte bewahrt, die Gegenwart gestaltet und die Zukunft des tauben Journalismus beeinflusst.